Schutz vor Wucherzinsen für säumige Versicherte
Die Bundesregierung will Krankenversicherte, die ihre Beiträge nicht zahlen können, besser vor Verschuldung schützen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf "zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung".

Berlin (dapd/red) - Vorgesehen ist, in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den Säumniszuschlag von 60 auf 12 Prozent des rückständigen Betrags pro Jahr zu reduzieren. Es gehe darum, Versicherte in einer finanziellen Notlage vor "Wucherzinsen" zu schützen, sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) am Morgen in der ARD.
Notfalltarif für 100 Euro
Für privat Krankenversicherte ist ein "Notlagentarif" geplant, der rund 100 Euro im Monat kosten soll. Dieser würde eine Notfallversorgung bei akuten Schmerzzuständen oder bei der Versorgung Schwangerer umfassen.
Nicht-Zahlern darf nicht gekündigt werden
Bahr erklärte, das "geplante Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um das Problem sozialer Überforderung von säumigen Beitragsschuldnern zu entschärfen". Eine Versicherungspflicht gilt in der GKV seit April 2007 und in der privaten Krankenversicherung seit Januar 2009. Eine Kündigung säumiger Versicherter ist damit nicht mehr möglich. In der Folge sind sowohl bei gesetzlich als auch bei privat Versicherten, die ihre Beiträge nicht zahlen, zum Teil erhebliche Beitragsrückstände entstanden. Betroffen sind unter anderen Selbstständige. Allein in der GKV sind Beitragsrückstände von rund 2,2 Milliarden Euro aufgelaufen.
Schuldenabbau soll erleichtert werden
In der GKV hat der bisherige Säumniszuschlag von fünf Prozent pro Monat laut Gesundheitsministerium in der Vergangenheit das Problem der Beitragsrückstände eher verschärft. Mit den vorgesehenen Maßnahmen würden Versicherte vor weiterer Überforderung geschützt. Zudem werde ihnen der Abbau entstandener Beitragsschulden erleichtert.
Krankenkasse: Beamte sollen in weiteren Ländern entscheiden können
In Hamburg dürfen Beamte seit einigen Monaten entscheiden, ob sie bei einer privaten oder gesetzlichen Krankenkasse versichert sein wollen. Über 1.000 haben im ersten Jahr gewechselt. Andere Länder wollen nun gleichziehen.
Versicherte schulden Krankenkassen fast 4,5 Milliarden
Die Beitragsschulden gesetzlich Krankenversicherter wachsen. Mittlerweile schulden die Kunden ihren Krankenkassen 4,48 Milliarden Euro. Gründe sind Insolvenzen und unsichere Einnahmen bei freiwillig versicherten Selbstständigen.
Private Krankenkassen planen Notfalltarif (Upd.)
Mit einem neuen Notfalltarif wollen die privaten Krankenkassen und das Gesundheitsministerium säumigen Beitragszahlern eine zweite Chance geben. Für rund 100 Euro im Monat soll so Menschen geholfen werden, die Schulden anhäufen, weil sie die Versicherung nicht mehr bezahlen können.
Regierung will hohe Zinsen der Kassen stoppen
Die Bundesregierung will verhindern, dass hohe Zinsen säumige Beitragszahler in der Gesetzlichen Krankenversicherung überfordern. Bisher müssen Freiberufler und freiwillig versicherte Selbstständige 60 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie ihre Beiträge nicht entrichten können.
Kassen setzen auf mehr Leistung statt Rückzahlung
Die Mehrheit der gesetzlichen Krankenkassen will die Versicherten mit besseren Leistungen statt mit Rückzahlungen an ihren Milliardenüberschüssen beteiligen. Weder die Barmer GEK noch die DAK oder die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) planen, ihren Versicherten Prämien auszahlen wollen.