Branche: Energiewende-Kosten müssen umverteilt werden
Die Energiewende wird vor allem über die Stromrechnung von Verbrauchern finanziert. Die Energiebranche fordert eine Umverteilung: Der Stromkunde ist an seiner Belastungsgrenze angekommen, so Eon-Chef Johannes Teyssen.

Berlin - Die Energiebranche hat eine gerechtere Verteilung der Kosten für die Energiewende gefordert. Die Belastungsgrenzen für die Stromkunden seien erreicht, wenn nicht überschritten, sagte Eon-Chef Johannes Teyssen am Mittwoch bei der "Handelsblatt"-Energietagung in Berlin. Sonst drohe Akzeptanzverlust. Bisher zahlen die Haushalts-Stromkunden über zahlreiche Aufschläge auf den Strompreis - vor allem die EEG-Umlage - für den Wandel. Laut Branchenverband BDEW sind das im laufenden Jahr rund 35 Milliarden Euro.
Staatlich Abgaben beim Strom machen fast 54 Prozent aus
Der Chef des großen Ökostromanbieters Innogy, Peter Terium, hatte am Dienstag ebenfalls die hohe Abgabenlast auf den Strompreis beklagt. Die Last an Steuern, Umlagen und Abgaben für Strom-Haushaltskunden liege derzeit bei 54 Prozent des Gesamtpreises, sagte Terium. Bei den Energiequellen Erdgas und Erdöl betrage die staatliche Last dagegen mit rund 27 Prozent nur etwa die Hälfte davon. Das könne nicht so bleiben. "Öl und Gas hoch, Strom runter oder eine Kombination aus beidem", sagte Terium. Mit den Einnahmen wird der Ausbau von erneuerbaren Energien mitfinanziert.
Eon-Chef: Energiewende sollte über allgemeine Steuern abgerechnet werden
"Die sauberste Lösung wäre, die EEG-Umlage und andere Umlagen vom Strompreis zu lösen und wie andere Staatsaufgaben über allgemeine Steuern zu finanzieren", sagte Eon-Chef Teyssen. Die Energiewende sei schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ihm sei klar, dass eine solche Reform vor der Bundestagswahl nicht mehr kommen werde. "Aber jetzt werden die Parteiprogramme geschrieben." Vor kurzem hatte auch der Bundesrechnungshof die Finanzierung der Energiewende kritisiert: Die Bundesregierung habe die Kosten nicht im Blick.
Großer Teil an Emissionen fällt beim Heizen an
Bezahlbarer Strom wird auch deshalb immer wichtiger, weil zur Einhaltung der Klimaziele Ökostrom verstärkt auch zum Heizen und im Straßenverkehr für Elektroautos und Wasserstoffantriebe eingesetzt werden soll. 60 Prozent des CO2-Ausstoßes fallen derzeit außerhalb der Energiewirtschaft an - also etwa für Heizungen, im Verkehr und in der Landwirtschaft. Bundesregierung und Energiebranche möchten mit Ökostrom fossile Energien teils ersetzen.
Enttäuschung bezüglich der CO2-Verschmutzungsrechte
Enttäuscht zeigte Teyssen sich vom Stand der Klimaschutzpolitik auf Europa-Ebene. Das sogenannte Winterpaket der Europäischen Kommission enthalte mehr als 1.000 Seiten Text und zahlreiche Vorschriften, aber weiterhin keine Reform der EU-Verschmutzungsrechte mit einem einheitlichen Mindestpreis, wie ihn etwa Frankreich vorgeschlagen habe. Um den Treibhausgasausstoß zu drosseln, wurde der Emissionshandel eingerichtet. Branchen, die viel CO2 in die Atmosphäre geben, müssen entsprechende Verschmutzungsrechte kaufen.
Frankreich denke dabei an 30 Euro pro Tonne, später sogar 50 Euro, damit die Preise für Verschmutzungsrechte Wirkung entfalten, sagte Teyssen. Derzeit liegt der Preis bei knapp über 5 Euro. Der Verschmutzungsrechtehandel liege "im Koma", kritisierte er. "So werden wir das 1,5-Grad-Klimaziel sicher nicht erreichen."
CO2-Preis: Staat nimmt 2,7 Milliarden ein - Öl und Sprit werden teurer
Auch für das Tanken und Heizen wird ab 2021 ein CO-Preis eingeführt. Ein Handelssystem mit Emissionsrechten gab es zuvor bereits für Stromproduzenten und Betreiber von Industrieanlagen. Mit den Einnahmen wird die Energiewende finanziert.
Heizöl und Erdgas teurer – Heizkosten steigen für viele Haushalte
Wer Heizöl oder Erdgas beim Heizen einsetzt, muss wegen des Co2-Preises im kommenden Jahr mit steigenden Kosten rechnen. Das trifft dem Statistischen Bundesamt zufolge auf rund drei Viertel aller Wohnungen zu.
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Höhe der Stromrechnung: Wohnort spielt eine Rolle
Der Wohnort ist für die Höhe der Stromrechnung gar nicht so unwesentlich. Tatsächlich variieren die Strompreise je nach Bundesland erheblich. Das liegt auch an den unterschiedlich hohen Netzentgelten.
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